Jürgen Martin ist neuer Leiter des Elektronischen Studios „eSpace“

Was der Pianistin das Klavier ist und dem Sänger seine Stimme, das ist für Jürgen Martin das „Instrumentarium der Elektronik“. Der neue Leiter des Elektronischen Studios „eSpace“, der im November 2022 die Nachfolge von Garry Berger angetreten hat, versteht sich als Interpret zeitgenössischer Musik. Seine Instrumente sind Mikrophone, Lautsprecher und die schier unerschöpflichen Möglichkeiten der Live-Elektronik und der Transformation vorproduzierter Klänge.

Alles, was dazu benötigt wird, steht im eSpace zur Verfügung, wo Jürgen Martin Lehrveranstaltungen für die Kompositionsklasse von Professor Arnulf Herrmann anbietet. Hier lernen die Studierenden unter anderem die Software „Max“ kennen, ein Kompositionstool für Live-Elektronik und Sound-Design. „Jeder sollte während seines Kompositionsstudiums die Möglichkeiten der elektronischen Musik kennenlernen und erproben“, findet Jürgen Martin ebenso wie Professor Arnulf Herrmann. Die beiden arbeiten nicht erst seit Jürgen Martins Tätigkeitsbeginn an der HfM Saar im Herbst 2021, sondern bereits seit vielen Jahren eng zusammen – so zum Beispiel 2017 für die Oper „Die Mieter“ in Frankfurt oder jüngst bei den Donaueschinger  Musiktagen.

Die Welt der elektronischen Musik zu erkunden, sei für die meisten Studierenden zunächst etwas ganz Neues, erzählt Martin. Denn während die Technik im klassischen Bereich nur der Reproduktion (Aufnahme) diene und im Pop und Jazz bei der Nachbearbeitung im Tonstudio nur begrenzte kreative Möglichkeiten hinzukämen, gehe die (Live-) Elektronik einige Schritte weiter, indem sie als künstlerische Komponente Klänge verfremdet, sie bearbeitet oder auch vorproduzierte elektronische Klänge hinzufügt. „Es geht hier also nicht um Reproduktion, sondern um Komposition und Interpretation“, erklärt Jürgen Martin.

Die Software Max, die im eSpace zum Einsatz kommt, wurde Ende der 1980er speziell für Musiker entwickelt und lässt sich durch eine Programmiersprache mit grafischer Oberfläche intuitiv bedienen. Da man dennoch „sehr viel selbst bauen muss“, sei zunächst „eine Hürde zu nehmen“, um mit der Software kreativ arbeiten zu können, weiß Martin aus seinen bei Lehrveranstaltungen gesammelten Erfahrungen. „Wenn Studierende eigene Projekte haben, fangen einige von ihnen richtig Feuer. Davor ist es oftmals ein bisschen mühsam.“

 

Einer von denen, die „Feuer gefangen“ haben, ist der Kompositionsstudent Oleksii Rybak. Aus unterschiedlich großen und geformten Wellblechstreifen hat er im eSpace kürzlich Objekte gebaut, deren beim Anschlagen erzeugte Klänge mit Mikrophonen abgenommen und im Anschluss bearbeitet werden können. Diese Lust, eigene Ideen zu entwickeln, zu experimentieren und die Komfortzone sicherer, schon vielfach gegangener Pfade zu verlassen, möchte Jürgen Martin gemeinsam mit seinem eSpace-Kollegen, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Florian Wessel, bei den Studierenden wecken.

Im Blick haben die beiden dabei nicht nur die Kompositionsklasse, sondern auch andere, an Elektronik interessierte Studierende der HfM Saar. „Wir überlegen gemeinsam, wie wir die Elektroakustik in ein Konzertformat bringen können, und planen für das Sommersemester 2023 auch eine Kooperation mit dem Studiengang Jazz. Hier sind wir im Austausch mit Stefan Scheib, Lehrbeauftragter für Jazz-Kontrabass“, so Martin. Auch mit anderen Studiengängen und dem Bereich Musiktheater seien gemeinsame Projekte denkbar und wünschenswert. Die Verbindung von Tanz und elektronischer Musik würde Jürgen Martin persönlich besonders reizen. „Die Bühne, insbesondere der Tanz, hat mich schon immer fasziniert, und ich habe in Belgien zwei große Tanzproduktionen gemacht, bei denen die Tänzer über ihre Bewegungen Klänge beeinflusst haben.“  Ob Elektronik und Tanz, Elektronik und Jazz oder auch Klassik – Vieles ist möglich.

Jürgen Martin ist überzeugt: „Sowohl für die Studierenden als auch für die Lehrenden ist es erfrischend und bereichernd, andere Perspektiven kennenzulernen“. Deshalb möchten er und Florian Wessel den eSpace auch für andere Bereiche der Hochschule öffnen.

 

Zur Person: Jürgen Martin

Der künstlerische Werdegang von Jürgen Martin ist geprägt von seiner Liebe zur Musik und zur Bühne sowie seinem Interesse an Technik. Er war Bassist in mehreren Rockbands, machte auch Jazz und experimentelle Musik und arbeitete als Tontechniker an Theatern. Von 1995 bis 2001 studierte er an der Musikhochschule Basel Sounddesign bei Wolfgang Heiniger und Thomas Kessler. Von 2002 bis 2006 und von 2015 bis 2022 war Jürgen Martin Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" in Berlin, von 2006 bis 2009 Tonmeister am ZKM Karlsruhe und von 2009 bis 2014 tätig am Elektronischen Studio der Akademie der Künste Berlin.

Er arbeitete mit zahlreichen namhaften Künstlern zusammen wie etwa den Komponisten Enno Poppe, Arnulf Herrmann, Jonathan Harvey, Iris ter Schiphorst, Vinko Globokar und Markus Stockhausen und den Choreographen Wim Vandekeybus und Emio Greco. Zu den Ensembles und Orchestern, mit denen Jürgen Martin arbeitete, gehören das Ensemble Modern, musikfabrik, Ensemble Intercontemporain, Ensemble Mosaik, die Berliner Philharmoniker und die Oper Frankfurt.

An der HfM Saar, wo er zunächst Meisterkurse zum Thema Live-Elektronik und der Software Max anbot, ist Jürgen Martin seit Herbst 2021 tätig.  Seit November 2022 leitet er das Elektronische Studio der HfM Saar, eSpace.

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