Souvenirs - Judith Braun

Absolvent*innen der HfM Saar erinnern sich

Beitrag von Judith Braun für die HfM-Serie souvenirs

Mein beruflicher Werdegang begann mit einer Ausbildung zur Industriekauffrau. Nach dem ersten Jahr meiner Lehre war mir bewusst, dass ich diesen Beruf nicht bis zu meinem Lebensende ausüben möchte.

Während meiner Lehre hatte ich Gesangsunterricht und mein Lehrer, Stephan Federkeil, stieß immer wieder das Thema an, ob ich mir nicht vorstellen könnte Gesang zu studieren.

Es war mein sehnlichster Wunsch, seit ich 12 Jahre alt war.

Tatsächlich konnte ich mir noch nicht vorstellen diesen Schritt zu gehen. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie das Studium abläuft und ob ich danach eine berufliche Zukunft haben würde. Nachdem ich von dem ersten Jahr der Lehre sehr enttäuscht war beschloss ich, mich auf die Aufnahmeprüfung vorzubereiten.

Die Lehre habe ich abgeschlossen, auch weil ich mit der Ausbildungsvergütung den anstehenden Klavier- und Musiktheorieunterricht finanzieren konnte.

Mein Klavierlehrer wurde Rainer Oster und zum Theorieunterricht ging ich zu Frau Müller-Goldingen, bei ihr sei noch keiner durchgefallen. Sie war eine resolute und beeindruckende ältere Dame.

Abschluss der Lehre und Vorbereitung auf das Musikstudium liefen parallel und waren der erste Stresstest, dem man in diesem Beruf häufiger ausgesetzt ist.

Mein Gesangslehrer war selbst noch Student bei Rosemarie Bühler-Fey und empfahl sie mir als Lehrerin. Nachdem ich ihr vorgesungen hatte, konnte ich mir vorstellen bei ihr zu studieren. Zunächst studierte ich Gesangspädagogik und nahm auf Anraten meiner Lehrerin den Studiengang Oper ab dem 3. Semester dazu.

Ich erinnere mich an die ersten Mozartmessen, Bachkantaten und Passionen oder Oratorien mit Studienkollegen, die mir wertvolle Erfahrungen schenkten und mich die tiefe Bereicherung und Freude an diesem Beruf spüren ließen. Besonders schätzte ich die Liedgestaltung bei Prof. Thomas Stolle, dem es mit Einfühlungsvermögen und pädagogischem Geschick gelang, die Feinheiten der Gesangslinie herauszuarbeiten.

In meiner Studienzeit habe ich viel Theorie gelernt, wie z.B. Gesangstechnik, Stimmphysiologie, Interpretation, Musikgeschichte, Aufführungspraxis oder Analyse, lebendig wurde die Theorie durch die praktische Erfahrung, die immer noch mein Antrieb zur sängerischen Entwicklung ist.

Seit April 2020 habe ich einen Lehrauftrag an der Hochschule für Fachdidaktik Gesang und Gesang. Viele bekannte Gesichter treffe ich unter den Professoren und Lehrenden aus meiner eigenen Studienzeit wieder. Ich freue mich, an die Studierenden Erfahrungen und Wissen weiterzugeben und möchte die Studierenden bestmöglichst und unterstützen.

Ich wünsche der Hochschule, dass sie weiterhin Talente entdecken, fördern und formen darf.

Zur Person


Die in Ludwigshafen/Rhein geborene Mezzosopranistin Judith Braun studierte an der HfM Saar die Fächer Oper, Musikerziehung, Elementare Musikpädagogik und vervollkommnete ihre Ausbildung mit der Konzertreife.

Sie war in der Gesangsklasse von Rosemarie Bühler-Fey und in der Liedklasse von Prof. Irvin Gage. Als Stipendiatin des Richard-Wagner Verbandes besuchte sie die Bayreuther Festspiele und war von 2001 bis 2002 Mitglied der Opernwerkstatt Wiesbaden.

2006 gastierte die Sängerin mit dem Badischen Staatstheater Karlsruhe in Cagliari/Sardinien.

Im Oktober 2006 war Judith Braun Finalistin beim 5. Concorso Vocale Internazionale di Musica Sacra in Rom.

Seit der Spielzeit 2009/2010 ist sie festes Ensemblemitglied am Saarländisches Staatstheater. Mit Partien wie z.B. der Charlotte (»Werther«), dem Ramiro («La finta giardiniera»), der Suzuki (»Madame Butterfly«) und der Anita («West Side Story») hat sie durch ihre Vielseitigkeit und Wandlungsfähigkeit immer wieder beeindruckt. Mit den Rollen der Hexe in »Rusalka«, der Mrs. Quickly in «Falstaff», der Herodias in »Salome« gelang ihr der Übergang in das dramatische Mezzo-Fach. Höhepunkte waren die Eboli in «Don Carlos» und die Azucena in »Il Trovatore«.

Im Mai 2022 debütiert sie mit der Brangäne in „Tristan und Isolde“.

Im Jahr 2017 wurde ihr der SponsorClubPreis des Saarländischen Staatstheaters für hervorragende Leistungen verliehen.

Wertvolle künstlerische Anregungen gaben ihr REGISSEURE und DIRIGENTEN wie z.B.

Constantin Trinks, Gregor Bühl, Toshiyuki Kamioka, Christopher Ward, Nicholas Milton, Nigel Lowery, Roland Schwab, Denis Krief, Christopher Alden, Jakob Peters-Messer, Demis Volpi, Vasily Barkhatov, Magdolna Parditka und Aleksandra Szemerédy.

Darüber hinaus ist sie eine gefragte Interpretin im Konzert- und Liedbereich. Höhepunkte waren die Liveübertragung des Liederabends vom Saarländischen Staatstheater 2020 durch den SR, das Weihnachtsoratorium mit Konrad Junghänel, das Verdi-Requiem mit Georg Grün und das Weihnachtskonzert 2017 in der Festhalle Wuppertal mit Howard Arman.

 

Foto: © Gisela Schenker