1981 kam ich gerade einmal 18-jährig an die Saarbrücker Musikhochschule, Studiengang Kirchenmusik und Musikerziehung. Es war damals nicht unüblich, die geographisch nächst gelegene Ausbildungsstätte dieser Art zu besuchen, außerdem war man Saarländer und da gab es fast so etwas wie eine Verpflichtung, auf die einzige Musikhochschule unseres kleinen Landes zu gehen.
Letztlich ausschlaggebend aber war vielmehr die Aussicht, bei dem legendären und unnachahmlichen Paul Schneider zu studieren – mein damaliger Privatlehrer Herbert Wirtz (ebenfalls Dozent an der Hochschule), der mir vor dem Studium eine grundsolide und umfassende Ausbildung auf den Tasten sowie der Musiktheorie mitgab, riet mir nachdrücklich dazu.
Zusätzlich hatte das Saarland einen Standortvorteil, der nicht nur für Organisten interessant war: seine geographisch günstige Lage im Dreiländereck förderte schon damals – lange vor den Zeiten der heutigen EU – einen selbstverständlichen kulturellen Austausch mit den Nachbarländern.
Ein eindrückliches Erlebnis war gleich in meinen Studienanfängen die Aufführung der „Catulli carmina“ von Orff unter der Leitung des damaligen Dirigierprofessors Herbert Schmolzi.
„Kult“ waren die damaligen Semesterabschlußfeiern, die oft mit Fastnacht zusammenfielen.
Unvergesslich auch die traditionellen Freitagszusammenkünfte im Raum meines Klavierprofessors Walter Blankenheim. Er besaß eine große Sammlung sinfonischer Musik in einer Fassung für zwei Klaviere zu 8 Händen und so kämpften wir uns ebenso tapfer wie prima vista durch Bruckner, Mahler, Schubert – wir hatten unermesslichen Spaß und noch mehr Gewinn an diesen besonderen Séancen.
Während meiner achtjährigen Studienzeit (unterbrochen von einem fast zweijährigen Zivildienst in Freiburg) bin ich Saarbrücken treu geblieben – im Aufbaustudium war ich dann ausgestattet mit einem großzügigen Graduiertenstipendium des saarländischen Kultusministers, das mir finanziell den Rücken freihielt, um mich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren zu können.
Nach über zehnjähriger freiberuflicher Tätigkeit als Privatmusikerzieher und Konzertorganist mit Domizil in Saarbrücken erhielt ich 2000 den Ruf auf eine Orgelprofessur an der Musikhochschule Freiburg, der ich 13 Jahre verbunden war und die ich wegen eines neuerlichen Rufes an die HMDK Stuttgart verließ.
Aus dem „Ausland” bekam ich immer mal wieder Neuigkeiten von der Saarbrücker Hochschule mit. Bedauerlich fand ich die Auflösung des Schauspielstudiengangs vor mehr als 20 Jahren, bewunderungswürdig der Protest – vornehmlich aus den Reihen der HfM-Violinklassen – gegen den zumindest fragwürdigen Verpflichtungsversuch eines Geigers aus der so genannten “Crossover“- Sparte.
Paul Schneider blieb ich bis zu seinem Tode im Sommer 2002 sehr herzlich verbunden – unvergesslich bleibt mir sein 80. Geburtstag im Dezember 2000, der im Konzertsaal der Saarbrücker Musikhochschule ausgerichtet und als glanzvolles Fest gefeiert wurde.
Helmut Deutsch ist Professor für Orgel an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart.
Er wurde 1963 in Saarlouis geboren, studierte Kirchenmusik, Musikerziehung, Klavier und Orgel an der Hochschule für Musik Saar.
Seine Lehrer dort waren Walter Blankenheim (Klavier), Paul Schneider und Andreas Rothkopf (Orgel). Weitere künstlerische Impulse vermittelten ihm bei privaten Studien die Organisten Xavier Darasse (Toulouse) und Zsigmond Szathmáry (Freiburg).
Helmut Deutsch war 1. Preisträger beim Walter-Gieseking-Wettbewerb der HfM Saar sowie an den Internationalen Orgelwettbewerben „Dom zu Speyer“ und „Franz Liszt“ in Budapest.
Zahlreiche Konzertreisen führten ihn zu bedeutenden Spielstätten und Instrumenten in die meisten europäischen Länder, nach Russland, Südkorea und Japan.
Er ist Juror bei internationalen Musikwettbewerben (u.a. Organ Competition St Albans, Grand Prix André Marchal Biarritz, Mendelssohn-Wettbewerb Berlin…) und Dozent bei Orgelinterpretationskursen (u.a. Internationale Orgelakademie Haarlem, Royal Academy of Music London, Ewha und Yonsei University Seoul, Tokyo, Kopenhagen, UdK Berlin…)
Helmut Deutsch hat bedeutende Orchester- und Klavierwerke für die Orgel übertragen: Jean Sibelius, Sinfonie Nr. 2 (im Auftrag der Kyoto Concert Hall Society); Franz Liszt, Les Préludes (Bärenreiter), Dante-Sonate (Schott).
Er spielte von der internationalen Kritik gewürdigte Aufnahmen ein – für seine CD mit den großen Orgelwerken von Franz Liszt erhielt er 2004 den „Diapason d’or“ Paris, einen der renommiertesten Kritikerpreise weltweit.
Vor seinem Ruf an die HMDK Stuttgart lehrte Helmut Deutsch von 2000 bis 2013 als Professor für Orgel an der Hochschule für Musik Freiburg.
Prägend für seine Interpretationen ist vor allem die intensive Auseinandersetzung mit historischen Orgeln verschiedener Stilepochen und Orgellandschaften, aber auch die Beschäftigung mit unterschiedlichen Instrumenten- und Musikgattungen.
Foto: Ulrike Wardenberg-Deutsch