Souvenirs - Bernhard Leonardy

Absolvent*innen der HfM Saar erinnern sich

Beitrag von Bernhard Leonardy für die HfM-Serie souvenirs

Durch die Tätigkeit meines Vaters an der Hochschule für Musik schon früh mit dem Spagat zwischen künstlerischem Freiraum und studiumakkuratem Diplom vertraut, bleibt mir doch zuerst die wilde Sturm- und Drangphase als Jungstudent in Erinnerung, in der wir gleich einem Übemarathon die armen Flügel der Hochschule bearbeiteten, Gott sei Dank noch ganz ungestört von Mobiltelefonen, Internetnachrichten oder digitalen Terminkalendern. Diese entscheidende Phase künstlerischen Entstehens, verbunden mit fast sportlichem Aufbau muskulärer Fähigkeiten, verlangt bis heute nach besonderer Konzentration, fast Abgeschiedenheit, wieviel schwerer im Hier und Jetzt.

Ich bereue auch nicht den Mut von Lehrerwechseln innerhalb der Hochschule wahrgenommen zu haben, wie selbstverständlich kam man dadurch mit den verschiedenen Stilrichtungen unterschiedlicher Schulen in Kontakt, ein Reichtum, den die Hochschule auch in der Zukunft an der Schnittstelle zwischen Deutschland und Frankreich nutzen sollte. Warum nicht, wohlwissend ob der unterschiedlichen Systeme, über eine deutsch-französische Musikhochschule als Alleinstellungsmerkmal in der umkämpften Hochschullandschaft nachdenken? Paris ist bekanntlich schnell erreichbar, eine einmalige Orgellandschaft deutscher Grundstimmen und französischer Zungenstimmen liegt beispielsweise vor der Tür. Auch weiterhin würde ich mir ein Einmischen der Hochschule in kulturpolitische Diskussionen wünschen, es gilt vielleicht unser größtes Kulturgut zu verteidigen, gemeinsam können wir hier mehr erreichen. Einen herzlichen Dank von Seiten der Musikfestspiele Saar für die sehr kooperative Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren, hier könnten sogar noch größere Potenziale umgesetzt werden durch Einbeziehung unserer Künstler in den Lehrbetrieb beispielsweise in Festspielmeisterkursen. Vertrauensvoll gehen wir hier gemeinsam in die Zukunft.

Auch vor genau 75 Jahren wurde das berühmte Edinburgh Festival gegründet, damals mit einem Auftritt der Wiener Philharmoniker, die mit ihrem ehemaligen Dirigenten Bruno Walter, der Europa nach der Besetzung seiner Heimat durch die Nationalsozialisten verlassen hatte, dadurch wieder vereint waren. Bis heute pulsiert in diesem Festival ein ganzes Land in all seinen Institutionen für ein großes internationales Publikum. Man sollte daher die große Kraft der Musik niemals unterschätzen und den Mut aufbringen, Visionäres durchaus anklingen zu lassen.

Zur Person


Bernhard Leonardy ist Preisträger verschiedener internationaler Orgelwettbewerbe und Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes für Orgel und Dirigieren. Er schloss seine Solistendiplome mit Auszeichnung an der Hochschule für Musik Saar und der Musikakademie Basel ab. Er ist Basilikakantor in Saarbrücken sowie Gründer und Künstlerischer Leiter der Internationalen Musikfestspiele „Orgel ohne Grenzen“. Darüber hinaus ist er Gastdozent an verschiedenen Hochschulen in Südkorea. Leonardy realisierte viele CD-Produktionen bei zehn verschiedenen Labels und wirkte bei int. Rundfunk- und Fernsehproduktionen mit. Seit 2018 ist er geschäftsführender Intendant der „Internationalen Musikfestspiele Saar gGmbH“.

 

Foto: Bernhard Leonardy (l.), zu Besuch bei Arvo Pärt.
Foto: Arvo-Pärt-Zentrum, Estland